Hab ich dich, Vogel? Hab ich dich? Nun, Pedro, sei, wo du willst, den muß ich erst in Sicherheit bringen.

Laut.

Adieu!

Gonzalo.

Noch eins!

Sebastian.

Danke. Diener, meine Herrn und Damen.

Gonzalo.

Sibylle, geleit ihn.

Sebastian.

Laßt das Zeug.

Ab.

Crugantino.

Ein alter Freund vom Hause?

Gonzalo.

Der uns wieder einmal nach langer Abwesenheit besucht. Ein bißchen gerad zu, aber brav. Nun weiter unser Liedchen, weiter. Mich dünkt, ich seh ihn, wie ihn der böse Geist vom Herrn ängstiget, den Meineidigen, wie er zu Pferde in die Welt hinein haust und wütet.

Crugantino.

Wohl! Wohl!

Die Stund, da sie verschieden war,

Wird bang dem Buben, graust sein Haar;

Es treibt ihn fort zu Pferde.

Er gab die Sporen kreuz und quer

Und ritt auf alle Seiten,

Herüber, 'nüber, bin und her,

Kann keine Ruh erreiten;

Reit't sieben Tag und sieben Nacht:

Es blitzt und donnert, stürmt und kracht,

Die Fluten reißen über.

Und reit im Blitz und Wetterschein

Gemäuerwerk entgegen;

Bindt 's Pferd hauß an und kriecht hinein,

Und duckt sich vor dem Regen;

Und wie er tappt und wie er fühlt,

Sich unter ihm die Erd erwühlt:

Er stürzt wohl hundert Klafter.

Und als er sich ermannt vom Schlag,

Sieht er drei Lichtlein schleichen.

Er rafft sich auf und krapelt nach;

Die Lichtlein ferne weichen;

Irrführen ihn die Quer und Läng,

Trepp auf Trepp ab, durch enge Gäng,

Verfallne wüste Keller.

Ein Bedienter kommt unter die Türe. Sibylle sieht sich um, er winkt ihr, sie geht, um nicht zu stören, auf den Zehen zu ihm. Gonzalo, der's doch merkt, wird ungeduldig und stampft. Crugantino fährt fort.

Auf einmal steht er hoch im Saal,

Sieht sitzen hundert Gäste,

Hohläugig grinsen allzumal

Und winken ihm zum Feste,

Sibylle kommt leise hinter Claudinens Stuhl und redt ihr in die Ohren. Gonzalo wird wild, Crugantino singt.

Er sieht sein Schätzel unten an,

Mit weißen Tüchern angetan,

Die wendt sich —

Claudine mit einem Schrei.

Pedro!

Sie fällt ohnmächtig zurück, alle springen auf.

Gonzalo.

Hilfe! was gibt's! Hilfe!

Man labt sie mit Wein.

Was ist's, was ist's!

Sibylle.

Pedro ist verwundet! gefährlich verwundet.

Gonzalo.

Pedro! Helft ihr! Mein Kind! Mein Engel! Pedro! Wer sagt es?

Sibylle.

Sebastians Diener kam hereingesprengt, er suchte seinen Herrn hie.

Gonzalo.

Wo ist Bastian? Sie rührt sich nicht!

Sibylle.

Weiß ich's?

Gonzalo.

Wein! Sibylle, Wein! Camille, Wein! Meine Tochter! Meine Tochter!

Crugantino gerührt vor sich.

Und du, Elender! das ist dein Werk, deiner Torheiten. Dieser Engel!

Gonzalo.

Wein!

Sibylle. ohne Wein, vergeistert.

Herr!

Gonzalo.

Wein!

Sibylle.

Herr!

Gonzalo.

Bist du toll?

Sebastian. Wache.

Sebastian.

Hier! Ergreift ihn!

Crugantino.

Mich?

Sebastian.

Dich! Ergib dich!

Gonzalo.

Was ist das?

Crugantino wirft seinen Stuhl um und verrammelt sich hinter den Tisch und Claudinen, greift in die Taschen und zieht ein Paar Terzerole heraus.

Bleibt mir vom Leibe! Ich möchte nicht gern einem was zu Leide tun.

Sebastian auf ihn losgehend.

Damit ihr seht, daß sie geladen sind!

Er schießt eine nach der Decke, Sebastian weicht. Crugantino zieht den Degen, in der andern Hand die Terzerole.

Die für den, der mir nachfolgt!

Er springt über den Stuhl weg und schwadroniert sich durch die Kerls durch, hinaus.

Sebastian denen draußen.

Haltet! Haltet! Nach! Allons, nach!

Er geht zuerst.

Claudine , die vom Schuß aufgefahren ist, sieht wild um sich her.

Tot! tot! Hast du's gehört? Sie haben ihn erschossen.

Springt auf.

Erschossen. Mein Vater!

Weinend.

Und Sie haben's gelitten! Wo haben sie ihn hin? Wo sind sie hin? Wo bin ich? Pedro!

Sie fällt wieder in den Sessel.

Gonzalo.

Mein Kind! Mein Kind!

Zu Camillen und Sibyllen.

Steht ihr da! Guckt ihr zu! Hier, Sibylle, hier meine Schlüssel, hol meinen Balsam droben. Camille, geschwind in Keller, vom stärksten Wein! Claudine! mein Kind!

Claudine hebt sich ohnmächtig, ohne zu sprechen, reicht ihrem Vater die Hand und sinkt wieder hin. Gonzalo geht verwirrt bald zu, bald von ihr.

Sebastian kommt.

Er hat sich durchgeschlagen, wütend wie der Teufel! Du sollst uns nicht müde machen. Gonzalo, ich bitte dich.

Gonzalo.

O meine Tochter!

Sebastian.

Es ist der Schreck. Sie erholt sich wieder. Willst du mir deine Bedienten erlauben, deine Pferde? Ich will ihm nach.

Gonzalo.

Mach, was du willst.

Claudine.

Sebastian.

Sebastian.

Auf Wiedersehn, Fräulein.

Claudine.

Pedro! Er ist tot?

Sebastian.

Sie ist verwirrt, pflegt sie, ich muß fort.

Ab.

Gonzalo , sie zum Sessel führend.

Beruhige dich, Engel.

Claudine.

Er geht. Und sagt mir nicht: ist er tot, lebt er?

Ach meine Knie, meine armen Knie! Mein Herz wird brechen.

Sibylle kommt.

Sibylle.

Hier der Balsam.

Claudine.

Gefährlich verwundet, sagtest du? In Sarossa?

Gonzalo.

Wer?

Sibylle.

Pedro.

Gonzalo.

Wie?

Sibylle.

Ach daß man nicht von Sinnen kommt über den Lärm und das Gewirre. Heiliger Gott! Da kommt Bastians Diener gesprengt, fragt nach seinem Herrn, und da er ihn nicht antrifft, hinterläßt er: Pedro sei gefährlich verwundet, in Sarossa im Wirtshaus, und fort! Und gleich darauf Sebastian mit Wache, unsern Gast zu fangen, der sich durchschießt und — schlägt. Und Nichtchen in Ohnmacht. Mir wird's blau vor den Augen. Setzt sich. Mir wird's weh.

Camille mit Wein.

Gonzalo.

Gib her. Trink einen Tropfen, Claudine! Gib Sibyllen ein Glas. Sie sieht auch wie ein Gespenst.

Camille.

Mir klappern die Zähne, wie im Fieber. Den Schrecken fühl ich Jahr und Tag in den Gliedern.

Gonzalo.

Trink ein Gläschen! Reib dir die Schläfe mit dem Balsam. Reib, Sibylle.

Camille setzt sich.

Ich halt's nicht aus.

Claudine.

O mein Vater! Pedro gefährlich verwundt. Sebastian wollte mich nicht hören!

Gonzalo.

Es hat's ihm niemand gesagt.

Camille.

In dem Lärm, in der Angst!

Claudine.

Ohne Hilfe vielleicht.

Gonzalo.

Du machst dir's zu fürchterlich vor. Ein Stich in den Arm, ein Ritzchen: Liebes Kind, einem Manne, was ist das? Sei ruhig! Ich will einen nach Sarossa sprengen.

Camille.

All Eure Leute und Pferde sind mit Sebastianen.

Gonzalo.

Verflucht.

Claudine.

O, aus dem Dorf drüben.

Sibylle.

Ja, wer soll bei Nacht übers Wasser? Die Fähre steht drüben: ihr hört ja, es ist alles fort.

Gonzalo.

Bis morgen gedulde dich, Liebchen, und geh jetzt zu Bette.

Claudine.

Laßt mich noch einen Augenblick. Bis sich das Blut gesetzt hat. Ich könnte jetzt nicht schlafen. Aber! die Augen fallen Euch zu. Sorgt für Eure Gesundheit.

Gonzalo.

Laßt mich.

Claudine.

Ihr werdet mich beruhigen!

Gonzalo.

Nun denn! Nichten, ihr wacht mir aber bei ihr. Ich bitt euch, verlaßt sie nicht! Morgen mit dem frühsten sollst du Nachricht von Pedro haben. Weckt mich, Nichten, gegen Morgen. Gute Nacht. Lieb Mädchen, leg dich bald. Leucht mir, Camille. Gute Nacht.

Mit Camille ab.

Claudine. Sibylle.

Sibylle nach einer Pause.

Der Kopf möchte mir zerspringen. Die Knie sind mir wie geradbrecht. Auf solch einen Tag solch eine Nacht!


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