Schon gut! — »Der Himmel hat mir heut ein Glück geschenkt,
Das jeden Bauern freut, und manchen Reichen kränkt,
Er hat vom sechsten Sohn mein liebes Weib entbunden.»
Ich bin des Tods!» Ganz früh hat er sich eingefunden,
Der Knab«— Der Balg! Der —! 0 ersäuft! erdrosselt ihn!
«Nun macht Ihr gütig Hetz mich armen Mann so kühn«—
Ach ich ersticke fast!» Und bitte Ihro Gnaden —!»
An Galgen mit dem Hund, den Schindersknecht zum Paten!
Wie heißt er denn, der Kerl mit seiner Hecke da?
Franz. Ah, nun kommt Latein! Can — Candidatus? Ja.
Ein Kandidat, o ja, die sind sonst wohl bei Blute.
Theologiae; und — wie? Pachter auf dem Gute.
Wart nur, das geht dir nicht so ungenossen aus!
Alcest! Ich will dich schon! Du sollst mir aus dem Haus!
Mich, einen alten Mann, so schändlich anzuführen!
Wie möcht ich ihm an Hals! Ich ließ ihn gern zitieren.
Doch meine Tochter! O! das Henkersding geht schief!
Und ich verrate sie um den Gevatternbrief!
Er faßt sich in die Perücke.
Schweinsaug'ger Ochsenkopf mit wahren Eselsohren!
Der Brief! Das Geld! Der Streich! Ich bin als wie verloren,
So dumm! So voll Begier nach Rach und Prügeln. Ha!
Er erwischt einen Stock und läuft auf dem Theater herum.
Ist denn kein Buckel nicht für meinen Hunger da?
O wär ich doch ein Wind mit ein paar hundert Flügeln,
Ich möcht die ganze Welt, Sonn, Mond und Sterne prügeln.
Ich sterbe, wenn ich nicht — Zerbräch nur eins ein Glas,
So hätt ich doch Raison; beging der Jung nur was!
Er stößt auf seinen Sessel und prügelt ihn aus.
Weh, bist du staubig! Nun komm her, du sollst mich laben.
Alcest! o könnt ich doch so deinen Buckel haben!
Fünfter Auftritt
Der Wirt schlägt immer fort. Söller kommt ganz in der ersten Kulisse heraus und erschrickt; er ist im Domino, die Maske auf den Arm gebunden, und hat ein halbes Räuschchen.
Söller.
Was gibt's? Was? Ist er toll? Nun sei auf deiner Hut,
Das wär ein schön Emploi, des Sessels Substitut!
Was für ein böser Geist mag doch den Alten plagen?
Zum Parterre.
Wer Herz von Ihnen hat, der komm herauf und frag'en!
Wirt ohne Söllern zu sehn.
Ich kann nicht mehr! o weh! es schmerzt mich Rück' und Arm!
Er wirft sich in den geprügelten Sessel.
Ich schwitz am ganzen Leib.
Söller vor sich.
Ja, ja, Motion macht warm.
Er zeigt sich dem Wirt.
Herr Vater!
Wirt.
Ah, Mosje! Er lebt die Nacht beim Sause,
Ich quäle mich zu Tod, und Er läuft aus dem Hause?
Da trägt der Fastnachtsnarr zum Tanz und Spiel sein Geld,
Und lacht, wenn hier im Haus der Teufel Fastnacht hält!
Söller.
So aufgebracht?
Wirt.
O wart, ich will mich nicht mehr quälen.
Söller.
Was gab's?
Wirt zornig.
Alcest, Sophie! Soll ich's Ihm noch erzählen?
Söller. Nein, nein.
Wirt.
Wärt Ihr geholt, so hätt ich endlich Ruh,
Und der verdammte Kerl, der Kandidat, dazu!
Ab.
Sechster Auftritt
Söller mit Karikatur von Angst.
Was gab's? Weh dir! vielleicht in wenig Augenblicken! —
Gib deine Stirne preis! Parier nur deinen Rücken!
Vielleicht ist's 'raus! O weh! O wüßt ihr, wie mir's graust!
Es wird mir siedend heiß. So war's dem Doktor Faust
Nicht halb zumut! Nicht halb war's so Richard dem Dritten!
Höll da! der Galgen da! der Hahnrei in der Mitten!
Er läuft wie unsinnig herum, endlich besinnt er sich.
Ach, des gestohlnen Guts wird keiner jemals froh!
Geh, Memme, Bösewicht! Warum erschrickst du so?
Vielleicht ist's nicht so schlimm. Ich will es schon erfahren.
Er erblickt Alcesten und läuft fort.
O weh! er ist's! er ist's! Er faßt mich bei den Haaren.
Siebenter Auftritt
Alcest.
Solch einen schweren Streit empfand dies Herz noch nie.
Das seltene Geschöpf, in dem die Phantasie
Des zärtlichen Alcests das Bild der Tugend ehrte,
Die ihn den höchsten Grad der süßten Liebe lehrte,
Ihm Gottheit, Mädchen, Freund, in allem alles war —
Jetzt so herabgesetzt! Es überläuft mich! Zwar
Ist sie so ziemlich weg, die Hoheit der Ideen;
Ich laß sie als ein Weib bei andern Weibern stehen;
Allein so tief! so tief! Das treibt zur Raserei.
Mein widerspenstig Herz steht ihr noch immer bei.
Wie klein! Kannst du denn das nicht über dich vermögen?
Ergreif das schöne Glück, es kommt dir ja entgegen.
Ein unvergleichlich Weib, das du begierig liebst,
Braucht Geld. Geschwind, Alcest, der Pfennig, den du gibst,
Trägt seinen Taler. Nun hat sie sich's selbst genommen;
Schon gut, da mag sie noch einmal mit Tugend kommen!
Geh wie ein Débauché, und sag mit kaltem Blut:
Madam, Sie haben doch das Geld genommen; gut,
Es ist mir herzlich lieb, nur ohne Furcht bedienen
Sie sich der wenigen. Was mein ist, ist auch Ihnen.
Dann den vertrauten Ton von halbem Mann und Frau —
Und selbst die Tugend nimmt nicht alles so genau,
Wenn man hübsch sachte geht. Weit eher wird sie weichen.
Sie kommt, du bist bestürzt. Das ist ein schlimmes Zeichen.
Alcest, du schickst dich nicht zur Bosheit, zum Betrug;
Dein Herz ist übrig bös, allein nicht stark genug.
Achter Auftritt
Alcest. Sophie.
Sophie.
Was machen Sie, Alcest! Sie scheinen mich zu fliehen.
Hat denn die Einsamkeit so viel, Sie anzuziehen?
Alcest munter.
Für diesmal weiß ich nichts, was mich besonders zog,
Und ohne viel Raison gibt's manchen Monolog.
Sophie.
Zwar der Verlust ist groß und kann Sie billig schmerzen.
Alcest.
Ei wohl, was will das sein. Es liegt mir nicht am Herzen!
Wir haben's ja; was ist's denn um das bißchen Geld,
Laßt's fallen, wenn es nur in gute Hände fällt.
Sophie.
Die große Gütigkeit wird gerne zum Verschwenden.
Alcest.
Oh, ein Verschwender weiß sein Geld oft anzuwenden.
Sophie.
Wie soll ich das verstehn?
Alcest lächelnd.
Das?
Sophie.
Ja, wie paßt das hier?
Alcest.
Sie kennen mich, Sophie, sein Sie vertraut mit mir!
Das Geld ist einmal fort! Wo's liegt, da mag es liegen!
Hätt ich es eh gewußt, ich hätte stillgeschwiegen;
Da sich die Sache so verhält —
Sophie erstaunt.
So wissen Sie?
Alcest mit Zärtlichkeit, er ergreift ihre Hand und küßt sie.
Ihr Vater! — Ja, ich weiß's, geliebteste Sophie!
Sophie verwundert und beschämt.
Und Sie verzeihn?
Alcest.
Verzeihn? Ist hier denn ein Verbrechen?
Sophie.
Mich dünkt —
Alcest.
Erlaube mir, daß wir von Herzen sprechen.
Du weißt es, daß Alcest noch immer für dich brennt.
Das Glück entriß dich mir, und hat uns nicht getrennt:
Dein Herz ist immer mein, meins immer dein geblieben.
Mein Geld ist alles dein, so gut, als wär's verschrieben;
Du hast ein gleiches Recht an all mein Gut, wie ich.
Nimm, was du gerne hast, Sophie, nur liebe mich!
Er umarmt sie; sie schweigt.
Befiehl! Du findest mich zu allem gleich erbötig.
Sophie stolz, indem sie sich von ihm losreißt.
Respekt vor Ihrem Geld! allein ich hab's nicht nötig.
Was ist das für ein Ton? Ich weiß nicht, faß ich's recht?
Ha! Sie verkennen mich.
Alcest pikiert.
O, Ihr ergebner Knecht
Kennt Sie nur gar zu wohl, und weiß auch, was er fodert,
Und sieht nicht ein, warum Ihr Zorn so heftig lodert.
Wer sich so weit vergeht —
Sophie erstaunt.
Vergeht? wie das?
Alcest.
Madam!
Sophie aufgebracht.
Was soll das heißen, Herr?
Alcest.
Verzeihn Sie meiner Scham:
Ich liebe Sie zu sehr, um so was laut zu sagen.
Sophie mit Zorn.
Alcest!
Alcest.
Belieben Sie nur den Papa zu fragen. Der sagte mir es.
Sophie mit einem Ausbruch von Heftigkeit.
Was? Ich will es wissen! Was?
Der Teufel! Wollen Sie!
Alcest.
Er sagte, daß Sie das —
Sophie wie oben.
Nun! das!
Alcest.
Eh nun! daß Sie — daß Sie das Geld genommen.
Sophie mit Wut und Tränen, indem sie sich wegwendet.
Er darf! Ist es so weit mit seiner Bosheit kommen?
Alcest bittend.
Sophie!
Sophie weggewendet.
Sie sind nicht wert —
Alcest wie oben.
Sophie!
Sophie.
Mir vom Gesicht!
Alcest.
Verzeihn Sie!