MEPHISTOPHELES:

's ist ein Gesetz der Teufel und Gespenster:

Wo sie hereingeschlüpft, da müssen sie hinaus.

Das erste steht uns frei, beim zweiten sind wir Knechte.

FAUST:

Die Hölle selbst hat ihre Rechte?

Das find ich gut, da ließe sich ein Pakt,

Und sicher wohl, mit euch, ihr Herren, schließen?

MEPHISTOPHELES:

Was man verspricht, das sollst du rein genießen,

Dir wird davon nichts abgezwackt.

Doch das ist nicht so kurz zu fassen,

Und wir besprechen das zunächst

Doch jetzo bitt ich, hoch und höchst,

Für dieses Mal mich zu entlassen.

FAUST:

So bleibe doch noch einen Augenblick,

Um mir erst gute Mär zu sagen.

MEPHISTOPHELES:

Jetzt laß mich los! ich komme bald zurück;

Dann magst du nach Belieben fragen.

FAUST:

Ich habe dir nicht nachgestellt,

Bist du doch selbst ins Garn gegangen.

Den Teufel halte, wer ihn hält!

Er wird ihn nicht so bald zum zweiten Male fangen.

MEPHISTOPHELES:

Wenn dir's beliebt, so bin ich auch bereit,

Dir zur Gesellschaft hier zu bleiben;

Doch mit Bedingnis, dir die Zeit

Durch meine Künste würdig zu vertreiben.

FAUST:

Ich seh es gern, das steht dir frei;

Nur daß die Kunst gefällig sei!

MEPHISTOPHELES:

Du wirst, mein Freund, für deine Sinnen

In dieser Stunde mehr gewinnen

Als in des Jahres Einerlei.

Was dir die zarten Geister singen,

Die schönen Bilder, die sie bringen,

Sind nicht ein leeres Zauberspiel.

Auch dein Geruch wird sich ergetzen,

Dann wirst du deinen Gaumen letzen,

Und dann entzückt sich dein Gefühl.

Bereitung braucht es nicht voran,

Beisammen sind wir, fanget an!

GEISTER:

Schwindet, ihr dunkeln

Wölbungen droben!

Reizender schaue

Freundlich der blaue

Äther herein!

Wären die dunkeln

Wolken zerronnen!

Sternelein funkeln,

Mildere Sonnen

Scheinen darein.

Himmlischer Söhne

Geistige Schöne,

Schwankende Beugung

Schwebet vorüber.

Sehnende Neigung

Folget hinüber;

Und der Gewänder

Flatternde Bänder

Decken die Länder,

Decken die Laube,

Wo sich fürs Leben,

Tief in Gedanken,

Liebende geben.

Laube bei Laube!

Sprossende Ranken!

Lastende Traube

Stürzt ins Behälter

Drängender Kelter,

Stürzen in Bächen

Schäumende Weine,

Rieseln durch reine,

Edle Gesteine,

Lassen die Höhen

Hinter sich liegen,

Breiten zu Seen

Sich ums Genüge

Grünender Hügel.

Und das Geflügel

Schlürfet sich Wonne,

Flieget der Sonne,

Flieget den hellen

Inseln entgegen,

Die sich auf Wellen

Gauklend bewegen;

Wo wir in Chören

Jauchzende hören,

Über den Auen

Tanzende schauen,

Die sich im Freien

Alle zerstreuen.

Einige klimmen

Über die Höhen,

Andere schwimmen

Über die Seen,

Andere schweben;

Alle zum Leben,

Alle zur Ferne

Liebender Sterne,

Seliger Huld.

MEPHISTOPHELES:

Er schläft! So recht, ihr luft'gen zarten Jungen!

Ihr habt ihn treulich eingesungen!

Für dies Konzert bin ich in eurer Schuld.

Du bist noch nicht der Mann, den Teufel festzuhalten!

Umgaukelt ihn mit süßen Traumgestalten,

Versenkt ihn in ein Meer des Wahns;

Doch dieser Schwelle Zauber zu zerspalten,

Bedarf ich eines Rattenzahns.

Nicht lange brauch ich zu beschwören,

Schon raschelt eine hier und wird sogleich mich hören.

Der Herr der Ratten und der Mäuse,

Der Fliegen, Frösche, Wanzen, Läuse

Befiehlt dir, dich hervor zu wagen

Und diese Schwelle zu benagen,

So wie er sie mit Öl betupft —

Da kommst du schon hervorgehupft!

Nur frisch ans Werk! Die Spitze, die mich bannte,

Sie sitzt ganz vornen an der Kante.

Noch einen Biß, so ist's geschehn. —

Nun, Fauste, träume fort, bis wir uns wiedersehn.

FAUST (erwachend):

Bin ich denn abermals betrogen?

Verschwindet so der geisterreiche Drang

Daß mir ein Traum den Teufel vorgelogen,

Und daß ein Pudel mir entsprang?

STUDIERZIMMER

Faust. Mephistopheles.

FAUST:

Es klopft? Herein! Wer will mich wieder plagen?

MEPHISTOPHELES:

Ich bin's.

FAUST:

Herein!

MEPHISTOPHELES:

Du mußt es dreimal sagen.

FAUST:

Herein denn!

MEPHISTOPHELES:

So gefällst du mir. Wir werden, hoff ich, uns vertragen;

Denn dir die Grillen zu verjagen,

Bin ich als edler Junker hier,

In rotem, goldverbrämtem Kleide,

Das Mäntelchen von starrer Seide,

Die Hahnenfeder auf dem Hut,

Mit einem langen, spitzen Degen,

Und rate nun dir, kurz und gut,

Dergleichen gleichfalls anzulegen;

Damit du, losgebunden, frei,

Erfahrest, was das Leben sei.

FAUST:

In jedem Kleide werd ich wohl die Pein

Des engen Erdelebens fühlen.

Ich bin zu alt, um nur zu spielen,

Zu jung, um ohne Wunsch zu sein.

Was kann die Welt mir wohl gewähren?

Entbehren sollst du! sollst entbehren!

Das ist der ewige Gesang,

Der jedem an die Ohren klingt,

Den, unser ganzes Leben lang,

Uns heiser jede Stunde singt.

Nur mit Entsetzen wach ich morgens auf,

Ich möchte bittre Tränen weinen,

Den Tag zu sehn, der mir in seinem Lauf

Nicht einen Wunsch erfüllen wird, nicht einen,

Der selbst die Ahnung jeder Lust

Mit eigensinnigem Krittel mindert,

Die Schöpfung meiner regen Brust

Mit tausend Lebensfratzen hindert.

Auch muß ich, wenn die Nacht sich niedersenkt,

Mich ängstlich auf das Lager strecken;

Auch da wird keine Rast geschenkt,

Mich werden wilde Träume schrecken.

Der Gott, der mir im Busen wohnt,

Kann tief mein Innerstes erregen;

Der über allen meinen Kräften thront,

Er kann nach außen nichts bewegen;

Und so ist mir das Dasein eine Last,

Der Tod erwünscht, das Leben mir verhaßt.

MEPHISTOPHELES:

Und doch ist nie der Tod ein ganz willkommner Gast.

FAUST:

O selig der, dem er im Siegesglanze

Die blut'gen Lorbeern um die Schläfe windet,

Den er, nach rasch durchrastem Tanze,

In eines Mädchens Armen findet!

O wär ich vor des hohen Geistes Kraft

Entzückt, entseelt dahin gesunken!

MEPHISTOPHELES:

Und doch hat jemand einen braunen Saft,

In jener Nacht, nicht ausgetrunken.

FAUST:

Das Spionieren, scheint's, ist deine Lust.

MEPHISTOPHELES:

Allwissend bin ich nicht; doch viel ist mir bewußt.

FAUST:

Wenn aus dem schrecklichen Gewühle

Ein süß bekannter Ton mich zog,

Den Rest von kindlichem Gefühle


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