»Kim«, rief ich, so laut ich es wagte. »Bitte, Honey. Wach auf!«

Ihre Kehle rang mit gurgelnden Lauten, die ich nie zuvor von ihr gehört hatte. Ihre Augen waren immer noch weit offen, die Pupillen so erweitert, dass ihr selbst das schwache Licht der Parkplatzbeleuchtung wehtun musste, aber sie nahm es gar nicht wahr, so wenig wie meine flehentlichen Rufe. Ich rüttelte sie, bis ihr Oberkörper in meinen Händen wie der einer Puppe pendelte, aber sie verharrte in einer Trance, aus der ich sie einfach nicht erwecken konnte. Die Krämpfe wurden heftiger und ich spürte, dass ihr Atem ausgesetzt hatte. In meiner Verzweiflung drückte ich sie an mich, während meine Hand nach dem Kübel auf dem Nachttisch tastete. Ohne Zögern schüttete ich ihr den Inhalt ins Gesicht.

Das kalte Wasser traf sie wie ein Schlag. Sie hustete plötzlich und ein Schwall Wasser traf mich aus ihrem offenen Mund. Der Hustenanfall war so heftig, dass ich sie in den Armen halten musste, während sie den Kopf in den Händen barg. Ihr ganzer Körper ruckte, wenn sie wieder zu keuchen begann. Schließlich ließen die Zuckungen wieder nach.

»Was...?«, japste sie atemlos.

»Du hattest wieder einen Albtraum«, sagte ich.

Kim warf mir einen verständnislosen Blick zu. Ihre Augen waren noch ein wenig dunkler als gewöhnlich, aber die Trance war beendet. Sie zog die Beine an und setzte sich auf. »Hast du mich deshalb ertränken wollen?«, fragte sie mit rauer Stimme.

»Ein Versehen«, sagte ich ruhig. »Ich wollte dir einen kalten Umschlag machen, als es losging. Du hast mich überrascht.«

»Großartig«, murmelte sie. Sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und zupfte an ihrem nassen Nachthemd, dann sah sie wieder zu mir und musterte mich mit zusammengekniffenen Augen.

»Du bist angezogen«, sagte sie.

»Nur das Hemd«, antwortete ich. »Ich konnte nicht schlafen.«

Sie wandte sich ab und presste die Hand gegen den Bauch. »War es so schlimm?«, fragte sie tonlos.

»Ich hätte sowieso kein Auge zugetan«, sagte ich einfach. »Mir geht zu viel im Kopf herum.«

Sie sagte nichts darauf. Ich nahm den Kübel vom Boden und sah mich um. Der billige Teppich hatte ein paar dunkle Flecken mehr bekommen. Ich nahm den Zahnputzbecher und schüttete den Inhalt mit einem Achselzucken auf dem Boden aus, dann goss ich den Rest Eiswasser aus dem Kübel in den Becher und reichte ihn Kim. Sie trank mit kleinen, vorsichtigen Schlucken.

»Schmeckt nach Seife«, beschwerte sie sich.

»Trink«, sagte ich. »Zahnpaste ist gesund.«

Sie lachte – oder versuchte es wenigstens, dann rieb sie sich mit der flachen Hand über den Hals. »Muss wohl scheußlich gewesen sein«, sagte sie.

»Der Albtraum?« Ich streckte die Hand nach ihr aus, fasste ihr Kinn mit den Fingerspitzen und strich mit dem Daumen ihren Wangenbogen entlang. »Sag du es mir.«

Sie sah mich nicht an. Sie ließ meine Berührung über sich ergehen, aber sie reagierte nicht darauf, ebenso wenig wie auf meine Aufforderung.

»War es wieder der Astronaut?«, fragte ich nach einer Weile.

Kim wich meinem Blick aus. »Ich möchte nicht darüber reden«, sagte sie. Eine halbe Sekunde später – und leiser – fügte sie hinzu: »Nein. Es war... etwas anderes.«

»Es wird schlimmer«, vermutete ich.

Sie setzte einen entschlossenen Gesichtsausdruck auf, den ich nur zu gut kannte. »John, es ist nur ein Traum«, erklärte sie in einem Tonfall, der nichts Gutes verhieß. Ich beschloss, die Sache für den Augenblick auf sich beruhen zu lassen. Ich begann, mir wirklich Sorgen wegen dieses Albtraums zu machen, aber es hatte wenig Sinn, mit ihr zu reden, wenn sie in dieser Stimmung war. Es war ein Teil des Schutzwalls, den sie um sich herum zu errichten begonnen hatte – und diese unsichtbare Mauer zwischen uns war auch etwas, das mich mit Sorge erfüllte.

Kimberley setzte die Füße auf der mir abgewandten Seite des Bettes auf den Boden und blinzelte aus dem Fenster. »Die Sonne geht auf«, sagte sie überrascht.

Ich blickte an ihr vorbei auf den Parkplatz hinaus. Sie hatte Recht. Der frühe Morgen brachte einen bleigrauen, makellosen Himmel, so abrupt, wie es in dieser Gegend manchmal geschah. »Noch nicht ganz«, sagte ich. »Vielleicht noch eine Stunde.« Ich setzte mich zu ihr aufs Bett und begann ihren Nacken zu massieren. Sie war völlig verspannt und zunächst versteifte sie sich nur noch mehr, aber nach einer halben Minute entkrampfte sie sich sichtlich. Sie ließ den Kopf hängen. »Hmmmm«, machte sie.

»Wir haben zwei Stunden, bis der nächste Flug geht«, sagte ich. »Zeit genug, um uns ein paar saubere Sachen aus dem Koffer zu suchen und uns ein Frühstück zu besorgen.«

Sie bewegte die Schultern und die Sehnen spannten sich unter meinen Fingerspitzen. »Was ist mit Bach?«, fragte sie.

»Was meinst du?«

»Wann willst du ihn anrufen?«

Ich dachte ein letztes Mal darüber nach. »Kurz bevor wir in das Flugzeug steigen. Selbst wenn er den Anruf zurückverfolgt, werden wir weg sein, bevor seine Leute dort eintreffen.« Ich strich mit beiden Daumen nach oben, zum Haaransatz hin. »Und selbst er wird kaum vermuten, dass wir nach Washington zurückkommen.«

Sie sagte nichts darauf. Vielleicht stimmte sie mir nicht zu. Sie legte die Hand auf meine und drehte sich zu mir herum. »Danke«, flüsterte sie und küsste mich neben den Mund. Ich legte den Kopf auf ihre Schulter und erwiderte den Kuss, diesmal richtig.

»Es war mir ein Vergnügen«, sagte ich, als wir uns wieder voneinander lösten. Ich stand vom Bett auf, trat zu ihr, reichte ihr die Hand und zog sie auf die Beine. »Lass uns duschen«, sagte ich. »Du holst dir noch den Tod in diesem nassen Nachthemd.«

Sie sah an sich herunter, dann an mir herauf. »Du bist tatsächlich nicht vollständig angezogen.«

Ich sah sie verständnislos an. Sie lachte, dann drückte sie sich an mich, bis ich begriff. »Lass uns zusammen duschen«, sagte sie an meinem Ohr.

24. November 1963, 10:53

Love Field, Flughafen Dallas

Wir ließen den Studebaker auf dem Parkplatz am Flughafen stehen und vermutlich haben sie ihn noch am selben Tag abgeschleppt. Ich warf die Pistole in einen Mülleimer. Vielleicht würde man eine Verbindung herstellen, vielleicht auch nicht. Wir würden nicht mehr in der Nähe sein, wenn es jemals so weit kam. Womöglich würden wir dann nicht einmal mehr am Leben sein.

Glücklicherweise gab es noch zwei Tickets für eine Maschine nach Washington und glücklicherweise reichte unser verbliebenes Bargeld noch für den Flug und ein Essen. Im Licht der Morgensonne, das jetzt viel sanfter schien, wirkte das weißgekalkte Innere des Flughafengebäudes fast angenehm. Ich war erschöpft und müde, aber ich fühlte mich wohl, und in der Erinnerung wirkte selbst das schäbige Motelzimmer nicht mehr so bedrückend, wie ich es noch in der Nacht empfunden hatte. Nun, wir hatten es für eine kurze Zeit zu unserem Heim gemacht, in gewissem Sinne. Ich musste über mich selbst lachen. Kimberley warf mir einen Blick zu und versetzte mir einen warnenden Stoß, als sie meine Gedanken erriet. Sie war nicht weniger müde als ich, aber das mit erstaunlich ruhiger Hand aufgetragene Make-up verdeckte die Linien, die die vergangenen Tage in ihr Gesicht gezeichnet hatten. Wir trugen unsere letzten sauberen Kleider und die Dusche hatte uns auf mehr als eine Weise belebt und erfrischt. Schon an der UCLA hatte sie immer darauf bestanden, dass ich auf mein Äußeres achtete und der prüfende Blick, den sie gewöhnlich meiner Garderobe widmete, verfolgt mich manchmal bis ins Büro. Jetzt stand sie vor mir und rückte meinen Hemdkragen zurecht, als würden wir zu einem Bewerbungsgespräch gehen. Nun, in gewissem Sinne würden wir das tun – wir würden uns um Zutritt zu einem Flugzeug bewerben, zwei landesweit gesuchte Verrückte, gefährlich und vermutlich bewaffnet.


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