»Männer«, sagte sie und ihre Finger ruckten ungeduldig. »Kannst du bitte mal aufhören, so ein Gesicht zu schneiden?«

»Nicht, solange du mit spitzen Fingern an mir herumzerrst«, antwortete ich.

»Nun, vor einer Stunde hast du dich nicht beklagt«, versetzte sie schnippisch. »Ist das der Grund für dieses dämliche Grinsen, John Loengard?«

Ich räusperte mich. »Ich verweigere die Aussage«, sagte ich in offiziell klingendem Tonfall. »Ich streite jedes Wissen um die genannten Vorgänge ab.«

»Findest du mich albern?«, erkundigte sie sich, als sie endlich mit dem Sitz meines Kragens zufrieden war. Sie trat einen Schritt zurück und musterte mich kritisch: Kleidung, Gesicht und alles andere.

»Nur ein wenig«, antwortete ich.

»Blödmann«, teilte sie gelassen mit. »Das Äußere wirkt auf die innere Befindlichkeit zurück, mein Schatz. Jemand, der herumläuft wie ein ungemachtes Bett, dessen Gedanken sind vermutlich genauso verknittert wie sein Gesicht. Hör auf eine Frau.«

Ich nickte gehorsam. »Richtlinien direkt aus dem Weißen Haus«, spottete ich. »Die Geheimnisse der Macht, direkt aus dem Büro der Gattin des Präsidenten.« Ein Schatten zog sich über ihr Gesicht. »Entschuldige«, sagte ich rasch. »Das war dumm von mir.«

»Schon in Ordnung«, sagte sie und hakte sich unter. »Gehen wir. Du hast noch einen Anruf zu tätigen, vergiss das nicht.«

Ich sah auf die Uhr und nickte. »Der richtige Zeitpunkt«, sagte ich. Wir steuerten auf ein Wandtelefon in der Nähe zu, ein unauffällig gekleidetes junges Paar in einer nicht gerade menschenleeren, aber auch nicht übervölkerten Halle. Ich sah einen Flughafenpolizisten am anderen Ende der Halle und ein paar Monteure, aber keine weiteren Uniformen. Kim behielt die Passanten im Auge, während ich telefonierte. Ich wog den Hörer einige Sekunden in der Hand, dann schloss ich die Augen und wählte die Nummer, an die ich mich nur zu gut erinnerte.

»Disease Control Center der Navy, DC«, meldete sich eine Männerstimme. »Was kann ich für Sie tun?«

»Holen Sie mir Frank Bach an den Apparat«, sagte ich.

»Wer spricht?«, schnappte der Mann am anderen Ende.

»Loengard«, antwortete ich nicht weniger knapp.

»Sie müssen sich verwählt haben«, sagte die Stimme gedehnt.

»Lassen Sie den Unsinn«, sagte ich. »Hier ist John Loengard. Ich bin... war... Majestic-Agent. Ich weiß, dass Bach in Dallas ist, also stellen Sie mich besser zu ihm durch.«

»Das wird nicht einfach sein«, erklärte der Mann in der Telefonzentrale des angeblichen Dienstes zur Seuchenbekämpfung.

»Hören Sie«, sagte ich mit ruhiger Stimme. »Ich weiß, dass Sie den Anruf zurückverfolgen. Tun Sie, was Sie nicht lassen können, aber schinden Sie besser keine Zeit, oder ich hänge wieder ein. Bach hat sich irgendwo in Dallas ein gemütliches Plätzchen eingerichtet, das wissen Sie, und ich weiß es auch. Ich wäre wirklich verblüfft, wenn er nicht eine Standleitung zu Majestic hätte. Stecken Sie einfach die Verbindung ein, in Ordnung?«

»Loengard«, begann der Mann.

Ich unterbrach ihn. »Wollen Sie wirklich riskieren, ihm irgendwann gestehen zu müssen, dass John Loengard sich wegen Bachs liebstem Spielzeug bei Ihnen gemeldet hat und dass Sie sich nicht entschließen konnten, mich zu ihm durchzustellen?«

»In Ordnung«, kam nach einem Moment die Antwort.

»Das dachte ich mir«, sagte ich, als es auch schon knackte. Es klingelte einmal, dann war es für einen Moment totenstill in der Leitung. Der Telefonoperator sprach jetzt mit jemandem in Dallas, kein Zweifel. Es knackte noch einmal.

»Was für eine angenehme Überraschung«, hörte ich Bachs gelassene Stimme.

»Hören Sie genau zu, Frank«, sagte ich mit gesenkter Stimme. »Ihre Leute schwirren vermutlich wie die Schmeißfliegen herum, um den Anruf zu verfolgen, aber vergessen Sie das Spiel mal für einen Moment.«

»Schießen Sie los«, sagte Bach. Sein Tonfall verriet nichts.

Ich blickte zu Kim. Sie nickte ermunternd. »Sie haben ein Problem, und das sind nicht wir, und das ist nicht das Artefakt. Ihr Problem ist Steel. Wissen Sie, wo er jetzt ist?«

Ich konnte förmlich sehen, wie er die Stirn runzelte. »Ich werde das kaum mit Ihnen diskutieren, John.«

»Haben Sie Steel den Auftrag gegeben, uns zu töten?«

»Und wenn es so wäre?«

»Nur weiter so, Frank«, sagte ich. »Niemals ein Stück Information preisgeben, selbst wenn man dafür als übler Schurke dasteht. Ihnen gefällt die Rolle, was? Nun, ich brauche die Antwort nicht. Steel hat versucht, uns zu töten, erst in Washington, dann in Norman.«

»Norman?«, wiederholte Bach. Vielleicht war er tatsächlich überrascht. Ich fragte mich, wie viel freie Hand er Steel gelassen hatte.

»Was hat er Ihnen über die Nacht vor Kennedys Ermordung erzählt? Als Ihre Männer uns vor unserer Wohnung aufgelauert haben?«

»Sagen Sie’s mir«, forderte mich Bach auf.

Ich fasste den Hörer fester. »Keine Spielchen. Sie müssen wissen, ob Sie ihn für diesen Einsatz eingeteilt hatten oder ob er aus eigener Initiative dort aufkreuzte. Jedenfalls hat er es verpfuscht. Was hat er Ihnen erzählt, wie es abgelaufen sein soll? Haben Sie mit den anderen Männern gesprochen? Ich habe ihn angefahren, Frank. Ein gewöhnlicher Mensch wäre danach nicht wieder von allein auf die Beine gekommen. Er schon. Beim zweiten Zusammenstoß hat er sich am Kopf verletzt. Ich habe gedacht, er hätte ein Auge verloren, aber da habe ich mich wohl getäuscht. Er konnte womöglich noch gut genug sehen, um ein Gewehr zu benutzen, denke ich. Was hat er Ihnen eigentlich gesagt? Ein einfacher Bluterguss?« Mir kam eine Idee. »Hat er sich in dieser Nacht für einen Tag vom Dienst abgemeldet? Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dann kam ihm die Verletzung sehr gelegen. Schließlich gab es da noch einen Termin in Dallas, nicht wahr?«

Bach hatte keine Anstalten gemacht, mich zu unterbrechen. Vermutlich waren seine Leute noch immer damit beschäftigt, den Anruf zurückzuverfolgen. Ich konnte nur hoffen, dass meine Worte Wirkung gezeigt hatten.

»Steel ist hive«, sagte ich betont. »Ich habe es selbst gesehen. Er ist in Kennedys Ermordung verwickelt und ein Kerl namens Jack Ruby wird Oswald für ihn erschießen.«

»Das ist eine interessante Geschichte, die Sie mir da erzählen«, sagte Bach nach einem Moment. »Vielleicht sollten wir einen Treffpunkt ausmachen, um in Ruhe darüber zu reden.«

»Keine Chance«, sagte ich. »Machen Sie’s gut, Bach. Diesmal war’s noch gratis.« Ich hängte ein.

»Gut«, sagte Kim. »Wenn er dir nicht glauben will, dann soll er es eben lassen.«

»Er wird mir glauben«, versicherte ich. »Und selbst wenn nicht, wird er Steel schon aus reiner Vorsicht durchchecken lassen. Schade, dass ich nicht dabei sein kann, wenn er begreift, dass die Hive ihm die ganze Zeit über die Schulter geschaut haben.«

»Vielleicht tun sie es ja noch«, sagte Kim. »Woher willst du wissen, dass Steel der Einzige ist? Jeder kann es sein. Der Mann, mit dem du gerade telefoniert hast, Dr. Hertzog... sogar Bach selbst.«

Oder du? Ich sprach den Gedanken nicht aus und ich verdächtigte Kim natürlich auch nicht wirklich, aber ich spürte, worauf unser Gespräch hinauslief. Auf den einzigen Punkt, um den sich ihre Gedanken seit einigen Tagen drehten. Wir hatten das Thema am Morgen vermieden, aber ich hatte ihr Stöhnen und Wimmern während der vergangenen Nacht nicht vergessen.

»Ja«, antwortete ich betont. »Es könnte jeder sein – sogar ich.« Ich blieb stehen, drehte mich zu ihr herum und sah ihr fest in die Augen. »Glaubst du, dass ich hive bin, Kim?«

Kimberley blinzelte irritiert. Dann lachte sie nervös. »Du? Was soll der Unsinn? Natürlich nicht. Du...«

»Wieso erwartest du dann von mir, dass ich glaube, dass du es bist?«, unterbrach ich sie. »Verdammt, Kim, hör auf! Wir stehen das durch. Wir werden mit Bach fertig und auch mit Steel und diesen verdammten Hive. Aber ich kann dich nicht vor dir selbst beschützen. Wenn du aufgibst, dann sind wir beide erledigt.«


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