»Und Arbeit? Ist es einfach, eine Arbeit zu finden?«

»Das ist möglich«, machte mir der Fahrer Mut. »Der Planet ist reich und noch nicht vollständig erschlossen. Wenn du also die Aufenthaltsgenehmigung hast, kannst du loslegen.«

»Und ohne Aufenthaltsgenehmigung?«

»Versuch es gar nicht erst! Wenn sie dich bei der Arbeit erwischen — auch wenn es nur für Essen und Unterkunft ist -, wirst du sofort des Planeten verwiesen.«

Meinem Gesicht war sicherlich mein Entsetzen abzulesen.

»Probleme?«, erkundigte sich der Fahrer.

Ich nickte.

»Vielleicht hast du artistische Talente oder eine bemerkenswerte Stimme oder übersinnliche Fähigkeiten? Dann wird das Verfahren beschleunigt.«

Er machte sich nicht lustig, er versuchte ernsthaft, mir zu helfen.

»Nein…«

Der Fahrer holte Luft: »Ja, da steckst du in der Klemme. Und wenn du auf deinen Planeten zurückkehrst und dort genügend Geld verdienst?«

»Auf unserem Planeten sieht es schlecht aus mit Arbeit«, erklärte ich. »Wenn man in der Woche 20 Kredit verdient, ist das gutes Geld.«

»Oh…« Der Fahrer schüttelte verwundert den Kopf und schwieg.

»Wir haben ein gut entwickeltes Sozialsystem«, versuchte ich zu erklären, »Geld wird wenig ausgezahlt, dafür werden Lebensmittel, Kleidung, alle möglichen Dinge kostenlos verteilt.«

»EinebemerkenswerteVersionder Sklavenhaltergesellschaft«, rief der Fahrer aus, »gut ausgedacht. Wie hast du da noch Geld für ein Ticket sparen können?«

»Ich bin als Modul geflogen.«

Das Auto schlingerte und die Augen des Fahrers rundeten sich vor Erstaunen.

»Was? Junge, schwindelst du auch nicht?«

»Ich bin nicht lange geflogen. Lediglich zwei Zeitsprünge. Also ist mit meinem Gehirn alles in Ordnung.«

»Und? Bist du weggelaufen?«

»Nein, ich bekam die Erlaubnis zur Auflösung des Vertrags.«

Der Fahrer pfiff erstaunt: »Da hast du es mit sehr gutmütigen Leuten zu tun gehabt. Geh davon aus, dass du in der Imperiumslotterie gewonnen hast. Eine Chance aus tausend.«

»Eine aus zwanzig…«, verbesserte ich ihn automatisch.

»Nun ja, aus zwanzig, wenn du unsterblich bist. Es gewinnt jedes zwanzigste Los der Imperiumslotterie, aber jedes Los ist 5000 Jahre gültig. Rechne dir selbst aus, welche Chancen du in einhundert Jahren hast.«

Ich fiel in Schweigen.

»Hier ist ein anständiges Motel«, meinte der Fahrer und drehte sich zu mir um, »das, was du brauchst. 24 Kredit.«

Ich stritt natürlich nicht wegen des Preises. Ich zählte genau 24 Kredit ab.

»Eigentlich muss noch Trinkgeld gezahlt werden, zehn Prozent vom Fahrpreis«, erläuterte der Fahrer, »aber von dir nehme ich unter Berücksichtigung der Schwere der Lage nichts. Wir sind alle nur Menschen…«

»Ich stecke in der Klemme, stimmt’s?«, fragte ich.

»Es sieht ganz so aus, mein Freund. Viel Glück!«

Nachdem ich aus dem Taxi gestiegen war, blieb ich stehen und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Vielleicht sollte ich nicht ins Motel gehen, sondern irgendwo im Wald leben wie in den Abenteuerbüchern? Geld nur für das billigste Essen ausgeben…

Aber ich wusste nicht, wie man im Wald überleben kann. Auf Karijer haben wir überhaupt keine Wälder.

Und schon ging ich zum Motel.

Es ähnelte am ehesten unserem Gemeinschaftspark, nur dass zwischen den Bäumen kleine Häuschen und Autos mit Campinganhängern sowie Wohnwagen verstreut standen. Einige Gebäude waren stabiler und größer, sicher das Café und die Verwaltung.

Der Erste, den ich im Motel traf, war ein Nichthumanoid.

Zuerst hatte ich das gar nicht mitbekommen. Es kam mir so vor, als ob mir ein Jugendlicher meines Alters entgegenkäme. Dann dachte ich, es wäre ein extrem kleinwüchsiger Erwachsener. Und fragte höflich: »Entschuldigen Sie bitte, wo kann ich hier ein Zimmer bekommen?«

Mein Gegenüber blieb stehen. Als einzige Kleidung trug er Shorts. Die Beine waren stark behaart und sahen beinahe so aus, als seien sie mit Fell bewachsen. Die Ohren waren klein, die Augen dafür groß.

Ein Halfling!

»Guten Tag, Menschenkind«, sagte er sehr klar und melodiös, »wenn du hier einziehen möchtest, musst du 40 Meter weit zurückgehen und dich in das Gebäude mit dem Schild ›Rezeption‹ wenden. Das dort vorhandene Personal wird auf alle deine Fragen antworten.«

Ich schluckte und nickte.

»Ich warte«, äußerte der Halfling erstaunt.

»D-danke…«

»Ich helfe gern«, antwortete der Halfling und entfernte sich. Ich glaubte sogar seinen Geruch zu spüren — leicht und angenehm, wie nach Blumen.

Vielleicht hatte er aber auch nur Kölnischwasser benutzt. Oder es duftete nach echten Blumen. Davon gab es hier viele; von den Düften war mir schon schwindlig.

Ich wartete ab, bis sich der Halfling entfernt hatte und lief vorsichtig zurück.

Die Einweisung erfolgte durch ein derartig sympathisches und nettes Mädchen, dass ich zeitweise alle meine traurigen Gedanken vergaß. Sie bemerkte sofort, dass ich von einem anderen Planeten kam. Wir unterhielten uns, ich erzählte vom Karijer, davon, dass ich eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen möchte, dafür aber eventuell das Geld nicht ausreichen würde. Letztendlich bekam ich ein Zimmer für lediglich 10 Kredit pro Tag. Zwar ganz am Ende des Motels, weit weg vom Weg, aber was machte das schon? Außerdem lud sie mir das Einwanderungsgesetz aus dem Netz, damit ich keine Ausgaben am Terminal im Zimmer hatte, das nämlich gebührenpflichtig war. Und sie bewirtete mich mit einer Tasse Tee.

Sie selber stammte von Neu-Kuweit, aber ihr Vater war auch eingewandert, erzählte sie. Von der Erde! Und obwohl sie erst 22 Jahre alt war, hatte sie bereits die Erde kennen gelernt — die Abschlussklassen auf dem College besuchen generell Erde, Edem oder Avalon. Das Mädchen hatte keine Komplexe, dass sie in Anabiose fliegen musste. Und wirklich, was ist denn so interessant an einem zweiwöchigen Flug im Zeittunnel? Bei ihnen nutzten sogar einige Jungs die Anabiose, um nicht sinnlos Zeit zu verlieren und so schnell wie möglich die Erde zu sehen. In der Heimat der Menschheit hatten sie London, Kairo, Jerusalem und Shitomir besucht — also alle berühmten historischen Plätze. Danach verbrachten sie und ihre Oma drei Tage in einer kleinen Odessaer Siedlung und gingen auf Löwenjagd. In der Siedlung waren Fremde nicht gern gesehen, es gab also genug Abenteuer, lächelte Sie.

Mit ihr hätte ich sicher noch einige Stunden verbracht, so interessant war es. Es kam aber ein neuer Übernachtungsgast, irgendeine langhaarige Missgeburt, und ich musste gehen. Ich bekam den Schlüssel und einen Prospekt des Motels mit einer detaillierten Karte, sodass ich mein Häuschen ohne Probleme finden konnte.

Es gefiel mir.

Ein schönes Holzbett mit sauberer Bettwäsche, ein Tisch, zwei Stühle und zwei Sessel, ein kleiner Videoscreen. Er war im Zimmerpreis inbegriffen und ich schaltete sofort auf den örtlichen Nachrichtensender. Durch das große Fenster konnte man fast das ganze Motel sehen. Das Häuschen stand auf einem Hügel. Unmittelbar hinter dem Haus begann der Zaun, danach kamen die Felder, dahinter waren die Hochhäuser der Hauptstadt zu erkennen. Die Luft roch sehr süß. Es konnte doch nicht sein, dass ich keinen Ausweg finden würde!

Es war mir gelungen, auf einen anderen Planeten zu fliegen. Ohne mich dabei in einen Zombie zu verwandeln. Ich hatte ein Dach über dem Kopf und etwas Geld in der Tasche.

Ich setzte mich an den Tisch und begann das Einwanderungsgesetz zu lesen. Alles war sehr richtig und vernünftig. Ich erfüllte alle Voraussetzungen — ich war jung, männlich, keine Vorstrafen… hatte lediglich die Landebahn betreten, war aber dabei nicht erwischt worden… Mir war natürlich eigenartig zumute, dass man eine Beschneidung »als Zeichen der Achtung der kulturellen und historischen Traditionen des Volkes« verlangte, aber wenn es sein musste… Außerdem waren hier drei Ehefrauen erlaubt. Ich hatte gehört, dass das auf vielen Planeten üblich sei, aber früher hatte ich eher abstrakt darüber nachgedacht. Jetzt sah es also ganz praktisch so aus, dass ich später drei Ehefrauen haben durfte. Eigenartig, sich das vorzustellen. Wenn Vater drei Ehefrauen gehabt hätte, wie hätte ich sie genannt? Tanten? Und auch Vater hätte sicherlich reichlich Probleme gehabt. Wenn eine Frau ein Geschenk bekommen hätte, wären die anderen beleidigt gewesen…


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