»Aber das ist doch normal!«, rief ich aus. »Kapitän Stasj, es ist wirklich ein schweres Leben bei uns auf Karijer! Und der Taxifahrer arbeitet! Und die Eltern von Lion haben ihre eigenen Probleme und selber drei Kinder! Und aus welchem Grund sollten sie etwas für mich tun?«

Stasj nickte und lächelte sehr traurig.

»Richtig, Tikkirej. Genau das will ich ja damit sagen. Die großen Aufstände der Feministinnen, die dunkle Epoche des Matriarchats — all das endete mit dem Beginn der Ära interstellarer Raumflüge. Und das ist gut so, Extreme sind schlecht. Aber wir fielen von einem Extrem ins andere: von einer stabil-emotionalen Zivilisation in eine expansiv-logische Zivilisation. Und deshalb… deshalb, Tikkirej, lass uns annehmen, dass du mir wirklich außerordentlich geholfen hast. Du hast dein Geld ehrlich verdient.«

Ich versuchte, etwas zu sagen, aber er schob mich sanft zur Tür und sagte: »Viel Erfolg, Tikkirej. Morgen fliege ich ab. Etwas ist bei mir schiefgelaufen, wie schade…«

»Vielleicht werde ich Ihnen noch bei irgendetwas helfen können…«, maulte ich. Alles war falsch! Nichts war in Ordnung! Warum hatte er mir so viel Geld gegeben? Und warum flog er ab?

»Nein, Tikkirej. Danke, es ist nicht nötig. Höchstens…« Stasj verzog das Gesicht. »Weißt du, ich würde dir ernsthaft raten, einen anderen Planeten zu suchen. Ich weiß auch nicht, warum. Halt das für die Intuition eines… Dshedai.« Er lächelte: »Viel Glück!«

Ich ging hinaus und Stasj verschloss hinter mir die Tür.

Eine Minute lang stand ich auf der Schwelle, schaute auf die Sterne und versuchte zu verstehen, warum alles im Leben schiefläuft. Wenn Stasj Recht hat, dann ist unsere ganze Welt falsch, und zwar nur deshalb, weil die Frauen keinen Zeitsprung aushalten. Wenn man es sich überlegt, dass es so eine Bedeutung haben soll… Es gibt doch die Anabiose… Vielleicht sind es wirklich nur Spinner, all diese Ritter des Avalon?

Der Packen unverdienten Geldes brannte mir in der Hosentasche. Vielleicht sollte ich einen Schein herausziehen und den Rest unter die Tür zurückschieben.

Aber das konnte ich nicht. Denn in einem hatte Stasj Recht: Niemand weiter wird mich so unterstützen. Helfen wird man mir wie die Kosmonauten der Kljasma, wie der Taxifahrer, wie der Barkeeper auf dem Kosmodrom. Aber einfach so, gegen jede Vernunft einen Haufen Geld zu schenken — aber nicht doch…

In meinem Hals steckte ein dicker Kloß. Ich zog die Nase hoch, machte die Tasche zu und ging zu meinem Häuschen.

In diesem Augenblick sah ich eine Gestalt im Halbdunkel stehen. Ebendiesen Kerl, der nach mir eingecheckt hatte und heute in Stasj’ Cottage eingedrungen war. Den Lion nicht gesehen hatte…

Es sah ganz danach aus, als ob der Dieb davon überzeugt war, dass auch ich ihn nicht sehen würde. Auf alle Fälle zeigte sein Gesicht Erstaunen, als ich innehielt und ihn anschaute.

Aber nur eine Sekunde lang.

Diese Sekunde reichte mir, um aufzuschreien, denn in der Hand des Banditen blinkte schwach Metall auf, und ich erriet, dass er gleich auf mich schießen würde.

Und dieser Schrei genügte, um mich zu retten. Denn die Nacht wurde zum Tag und über meiner Schulter schoss eine blendend weiße Schlange nach vorn.

Der Kerl, der auf mich schießen wollte, begann ebenfalls zu schreien. Die dampfende weiße Schlange verbrannte seinen Arm und die Hand mitsamt der Pistole fiel ins nasse Gras.

Die Feuerschnur tanzte weiter, als ob sie ihn in einen Käfig einschließen wollte, der ihm nicht erlaubte, auch nur einen Schritt zu tun.

Meine Beine trugen mich nicht mehr und ich setzte mich auf die warmen Pflastersteine. Stasj trat aus der Tür des Cottage — die Schlange begann irgendwo an seiner Hand und schlängelte sich wie ein lebendiges Wesen um den Banditen.

»Und da behaupten Sie noch, dass sie keine Schlangenschwerter benutzen…«, sagte ich recht laut. Und mich erfüllte Dunkelheit.

Der Bandit befand sich in einer Zimmerecke — an die Wand geklebt. Er war vollständig nackt — die Kleidung und ein Haufen geheimnisvoll aussehender Technik lagen in der Ecke. Ich wusste gar nicht, dass es einen Kleber gibt, der so schnell trocknet und so fest hält. Der Bandit verlor einige Male das Bewusstsein, kippte nach unten, aber die an der Wand festgeklebten Haare und der Rücken hielten ihn aufrecht.

Stasj tätschelte meine Wangen und fragte:

»Wieder da?«

»Entschuldigen Sie«, erwiderte ich, »ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich bin noch niemals ohnmächtig geworden.«

»Ich habe dich abgeschaltet«, sagte Stasj, »es war ungefährlicher für dich, auf dem Boden zu liegen.«

»Das habe ich gar nicht gemerkt«, äußerte ich ungläubig.

»Das solltest du auch nicht merken.«

Der Bandit fiel erneut in Ohnmacht, hing an der Wand, krümmte sich vor Schmerzen und richtete sich wieder auf. Er schwieg, obwohl es ihm bestimmt wehtat — an Stelle der rechten Hand war nur noch ein Stumpf. Es blutete nicht: Das Feuer hatte wahrscheinlich alle Gefäße verschweißt. Stücke des schönen Blumenhemdes waren im Ärmel verschmolzen und als schwarze Fransen in den Stumpf eingebrannt. Ich wandte mich ab.

»Geh nach Hause, Tikkirej«, sagte Stasj sanft. »Jetzt hast du wirklich dein Geld verdient.«

»Er ist es, der heute bei Ihnen eingedrungen war«, flüsterte ich.

»Ich weiß. Geh, mein Junge.«

Ich erhob mich und fragte trotz allem: »Was werden Sie mit ihm machen?«

»Wir werden uns unterhalten…«, antwortete Stasj.

»Die Polizei muss benachrichtigt werden… ein Arzt muss gerufen werden.«

»Natürlich. Ich werde das auch machen. Geh.«

Ich schaute ihm in die Augen und meinte: »Stasj, Sie belügen mich.«

Der Kapitän atmete hörbar ein und rieb sich die Wange.

»Tikkirej, ich bin sehr müde, ich habe überhaupt keine Zeit, und ich verstehe immer noch nicht, was vor sich geht. Dieser Mensch ist ein professioneller Spion. Kein Killer, sonst würdest du nicht mehr leben, aber er hat getötet. Tikkirej, lass mich meine Aufgabe erledigen. Okay?«

Ich machte kehrt. Er hatte Recht. Mögen diese Ritter-Phagen auch eigenartig sein, das Imperium erklärt sie ja nicht für außerhalb des Gesetzes stehend. Kapitän Stasj hat sicherlich größere Kompetenzen als ein beliebiger Polizist auf diesem Planeten.

»Du hattest Glück, Phag«, sagte der Bandit plötzlich, »du hattest einfach zufällig Glück.«

Seine Stimme war fast normal, wie bei einem gesunden und selbstbewussten Menschen. Ich ging schon auf die Tür zu, hielt es aber nicht aus und blieb stehen. Stasj warf einen kurzen Blick auf mich, sagte aber nichts.

»Meine Tätigkeit besteht gerade darin, das Glück zu nutzen«, äußerte Stasj, »bei dir scheint es umgekehrt zu sein. Wirst du reden?«

»Vielleicht soll ich auch noch tanzen?« Der Bandit grinste.

»Lass es sein, du hast ein schlechtes Taktgefühl.«

Stasj rückte einen Stuhl zurecht und setzte sich dem Gefangenen gegenüber.

»Warum nur wolltest du den Jungen töten? Er war zufällig hier und kein Gegner für dich.«

»Er hat keine Bedeutung«, antwortete der Bandit gleichgültig, »du bist der Feind, er ist ein Niemand.«

»Eine bekannte Logik«, nickte Stasj, »aber bisher galten die Alten als eure ›Niemande‹ und die Kinder ließt ihr am Leben.«

»Es gibt Ausnahmen«, erwiderte der Bandit. »Vielleicht sollte man doch einen Arzt rufen, Dshedai?«

»Wozu brauchst du einen Arzt?«, wunderte sich Stasj. »Es gibt keine Blutungen und mit Endorphinen hast du dich selbst versorgt.«

Der Bandit grinste wieder.

»Ich habe nicht vor, dich zu töten«, sprach Stasj, »du bist nur eine kleine Leuchte, ein Bauer im Spiel. Wenn auch am richtigen Platz. Aber etwas hätte ich gern geklärt. Tikkirej!«

»Ja, Kapitän«, antwortete ich schleunigst.

»Es ist richtig, dass du nicht gehst. Warte noch ein Weilchen.«

Er stand auf, ging nahe an den Banditen heran und legte ihm die Hand auf die Stirn. Vielleicht schien es mir nur so, aber in den Augen des Banditen blitzte plötzlich Angst auf.


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