»Ab neun Uhr früh. Und bis zum Abend… vielleicht bin ich gegen acht zurück. Oder gegen neun. Iss frühmorgens reichlich, nimm ein paar Hamburger mit… na, hier ist ein bisschen, aber…«

Er gab mir Geld. Fragte nach: »Eine Kreditkarte hast du nicht? Ich habe fast kein Bargeld.«

»Nein. Aber haben Sie keine Bedenken, dass man die Kreditkarte verfolgen könnte?«

Stasj lächelte: »Tikkirej, halte mich nicht für einen Paranoiker. Der aktuelle Boom des Papiergeldes ist eine Dummheit. Es ist viel einfacher, ein anonymes Bankkonto anzulegen, als die Fingerabdrücke zu wechseln. Außerdem kann ein beliebiger Neuroshunt aus der Entfernung eingesehen werden und den fälschst du nicht. Nein, ich habe keine Bedenken, eine Kreditkarte zu benutzen. Und ich rate dir, bei Gelegenheit auch eine anzuschaffen.«

Ein wenig beschämt nickte ich.

»Geh, Tikkirej«, wies Stasj an, »schlaf dich aus…«

Ich war schon an der Tür, als mich seine Frage einholte:

»Tikkirej… sag mal…«

Ich schaute zurück.

»Hast du wirklich vor, auf Neu-Kuweit zu bleiben? Willst du nicht dein Glück auf einem anderen Planeten versuchen?«, fragte Stasj.

Ich wunderte mich. »Mir gefällt es hier sehr gut. Und für einen neuen Flug habe ich kein Geld. Ist Neu-Kuweit etwa ein schlechter Planet?«

»Ein guter«, stimmte Stasj zu, »ein wenig eingerostet, aber gut. Okay, mach dir darüber keine Gedanken! Gute Nacht.«

Ich ging. Er setzte sich ans Terminal und, so nahm ich an, vergaß mich augenblicklich. Lion war mir nicht böse. Kein bisschen. Im Gegenteil, er war von diesem Abenteuer begeistert.

»Hat er wirklich noch alle Tassen im Schrank?«, fragte er geschäftig. »Es gibt solche Irren, die andauernd glauben, dass sie verfolgt werden. Sie benutzen keine Kreditkarten, an den Terminals schalten sie alle Zugänge aus…«

»Er benutzt eine Kreditkarte«, nuschelte ich. »Nein, er ist eigenartig, aber nicht verrückt. Vielleicht hat er auch wirklich Feinde?«

»Dann ist es gefährlich«, entschied Lion, »aber interessant. Weißt du was? Wir klettern aufs Dach deines Hauses und sonnen uns. Von dort aus müsste alles gut zu sehen sein. Dann gehen wir ins Café am Moteleingang. Von dort aus kann man auch beobachten. Und danach… danach setzen wir uns noch irgendwohin. Wir dürfen nicht den ganzen Tag an einer Stelle bleiben, sonst ist es offensichtlich, dass wir aufpassen.«

»Ich teile das Geld mit dir, das mir Stasj gibt«, versprach ich.

Ich fragte Stasj nicht um Erlaubnis und berichtete Lion alles aus Eigeninitiative. Denn ich vertraute Lion und war mir sicher, dass er niemandem davon erzählte.

Wir kauften Cola und Popcorn, zogen den Videoscreen auf das Flachdach meines Cottage, damit es nicht langweilig wurde, und begannen mit dem Sonnenbad. Ich habe eine ziemlich dunkle Haut, Lion auch, sodass wir keine Angst vor Sonnenbrand hatten. Seine Mutter gab uns trotzdem Sonnencreme.

»Du hast überhaupt Glück mit Abenteuern«, meinte Lion, der in der Hocke saß und sich seine Knie eincremte. »Du besitzt die echte Staatsbürgerschaft des Imperiums, das ist Nummer eins. Ich muss noch zwei Jahre lang wie ein Schwachkopf mit dem Kinderausweis herumlaufen. Dann bist du als Modul auf einem Raumschiff geflogen! Das ist Nummer zwei! Du bist fast an einer Allergie gestorben und hast dabei Freundschaft mit einem echten Kapitän geschlossen! Das sind drei und vier! Und jetzt hilfst du, einen Dieb aufzuspüren. Fünf!«

»Du hilfst auch, einen Dieb aufzuspüren«, beruhigte ich ihn.

»Das ist nur deinetwegen«, erkannte Lion ehrlich. »Klasse, dass wir uns kennengelernt haben, stimmt’s?«

»Natürlich stimmt das!«

Wir fanden einen interessanten Fernsehkanal über verschiedene Planeten, schauten zu und tranken Cola. Lion kommentierte die Übertragung lebhaft. Er war zwar auch noch nicht auf diesem Planeten gewesen, hatte dafür aber auf einer Raumstation gewohnt, an der die verschiedensten Raumschiffe anlegten. Dort hatte er alle Außerirdischen kennen gelernt und sich mit ihnen unterhalten.

Er hatte einen älteren Freund, der früher in der Armee des Imperators gedient hatte und dessen Onkel auf Edem lebte.

»Dort ist es auch schön, der Onkel hat uns ein Video geschickt«, erklärte Lion. »Aber es ist schwer, dorthin einzuwandern, bei ihnen gibt es auch so eine hohe Geburtenrate. Der Onkel hat schon sechs Kinder, aber er muss sich noch drei anschaffen. Das nennt sich Besiedelung des Planeten nach der intensiven Methode…«

Ich hörte ihm schon nicht mehr zu. Ich schaute am Screen vorbei zum Cottage von Stasj.

Ein junger Mann näherte sich ihm, machte sich eine Sekunde lang an der Tür zu schaffen und ging hinein!

»Es ist so weit…«, flüsterte ich, »Lion, hast du das auch gesehen?«

»Was?« Er sprang gleich auf.

»Irgendein junger Mann ist ins Cottage eingedrungen! Als ob er einen Schlüssel hätte, ist er völlig unbefangen zur Tür und dann hineingegangen!«

»Ich habe doch hingeschaut…«, ärgerte sich Lion, »aber ich habe doch hingeschaut! Bei mir ist es immer so, wenn ich ins Erzählen komme, verpasse ich die interessantesten Dinge!«

Mir fiel ein, dass ich diesen jungen Mann schon einmal gesehen hatte. Er hatte gleich nach mir eingecheckt.

»Komm, wir bleiben hier«, sagte ich, »er wird kaum lange drinbleiben…«

Aber er blieb sehr lange im Cottage. Es verging eine halbe Stunde, eine Stunde. Lion begann mich skeptisch anzusehen, dann fragte er:

»Du hast dich nicht geirrt?«

Ich schüttelte den Kopf. Lion seufzte und legte sich auf den Rücken. Ihm war es natürlich langweilig auf dem Dach, zumal er den Verbrecher nicht einmal gesehen hatte.

»Ich werde schlafen und meinen Bauch sonnen«, entschied er, »wenn etwas Interessantes passiert, sag Bescheid.«

In diesem Augenblick wurde die Tür des Cottage geöffnet, der ungebetene Gast ging hinaus und bewegte sich schnell zu einer dichten Hecke, die längs der Hauptallee angepflanzt war.

»Jetzt ist er hinausgegangen«, sagte ich stolz.

Lion drehte sich eilig um und reckte den Hals. »Wo?«

»Na da, er versteckt sich in den Sträuchern!« Ich zeigte mit der Hand dorthin.

»Aber wo denn, ich sehe nichts!«

»Na da!«, heulte ich auf. »Bist du blind?«

Der Verbrecher hatte sich bereits geschickt durch die Hecke gezwängt und hinter den Zweigen versteckt.

»Ich glaube, du hast einen Sonnenstich«, meinte Lion, »ehrlich.«

»Was sagst du da, hast du nichts gesehen?«

»Nö. Niemanden.«

Wir schauten einander durchdringend an.

Lion zweifelnd und beleidigt und ich… ich sicherlich auch zweifelnd.

»Ehrenwort, er kam aus dem Cottage heraus!«, rief ich. »Du hast dich nur zu spät umgedreht, als er sich schon in die Hecke schlug.«

»Ich habe doch diese Hecke gesehen, dort war niemand.«

»Du glaubst mir nicht?«, fragte ich.

Lion zögerte. Lustlos sagte er: »Ich glaube dir. Aber ich habe eine normale Sehkraft. Ich hätte es auch gesehen. Vielleicht war das ein Dshedai?«

»Wer?«

»Na, ein galaktischer Ritter, ein Dshedai. Warst du nie im Kino?«

»Ah…«, ich erinnerte mich, »das sind die, die mit Schwertern gekämpft haben und sich unsichtbar machen konnten? Aber das ist doch ein Märchen.«

Lion wedelte mit den Händen: »Nicht doch, das ist kein Märchen! Es gibt solche Spinner, sie leben auf dem Avalon. Sie nennen sich galaktische Ritter, fliegen durchs ganze Imperium und kämpfen für die Gerechtigkeit.«

»Und warum sind sie dann Schwachköpfe? Kannst du mir das bitte erklären?«

»Na deshalb, weil niemand sie braucht. Das ist so eine Art Sekte, verstehst du? In Wirklichkeit gibt es die Flotte des Imperiums, die Polizei, den Hygienedienst und noch vieles mehr. Sie kümmern sich um die Aufrechterhaltung der Ordnung. Aber die Dshedais denken, dass es unbedingt solche Ritter geben muss, die nicht für den Dienst, sondern für die Idee arbeiten.«

»Und das sind Dshedais?«

»Na ja, damit macht man sich über sie lustig«, gab Lion zu, »so als würde man ›Homo‹ zu einem Menschen sagen, das wäre beleidigend. Oder einen Halfling einen ›Hobbit‹ nennen. Oder zu einer Tzygu ›Bienchen‹ sagen. Oder die, die auf einer Raumstation leben, als ›Kosmik‹ bezeichnen.«


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